Berge Fahren bis der Arzt kommt! So in etwa kann man den dieses Jahr zum zweiten Mal ausgetragene TOUR DES STATIONS ULTRAFONDO beschreiben. Eine Handvoll Schweizer Eidgenossen aus dem Kanton Wallis haben sich offenbar vor über zwei Jahren zusammengesetzt und darüber gegrübelt, wie man bergverrückten Rennradfahrer am besten den Gar ausmachen kann. Die Antwort war leicht: mit unglaublich vielen Höhenmetern! Aber um die Sache noch „interessanter“ zu gestalten, dampfte man das Ganze dann noch auf weniger Streckenkilometer ein. Auf eine normale Radmarathondistanz von 225 Kilometern Länge haben es die fleißigen Uhrenbauer aus Mitteleuropa doch glatt geschafft, sagenhafte 7400 Höhenmetern zu packen. Da greift wirklich jede Bergauffahrt wie ein Zahnrad in die nächste. Einfach krank würde der ein oder andere sagen, aber für Bergziegen wie mich klingt das nach sowas ähnlichem wie Spaß:-) Also nix wie anmelden dachte ich mir!

Training für sowas wird überbewertet. Das Frühjahr, welches eigentlich zur Vorbereitung gedacht war, fiel aus verschiedensten Gründen sagen wir mal eher radarm aus. Beispiele? Auf Teneriffa sollte eigentlich der 2500 Meter hohe Teíde-Gipfel erklommen werden. Auf dem bergigen Eiland kannst du dir vom E-Bike, Rollator bis hin zum neuen Knie auch so ziemlich ALLES mieten, aber versuch da mal ein Rennrad zu finden. Auf der Rentnerinsel gibt’s sowas nicht. Meine geplante dritte Teilnahme an Lüttich-Bastogne-Lüttich wurde von der Sintflut davongeschwemmt. Die hätte ich höchstens in Badehose und Neopren fahren können.....usw. usw.! Job und Familie taten ihr Übriges, sodass meine Trainingskilometer sich eher für ne Radtour entlang des Rheins als über Alpenpässe geeignet hätten.

Auch Schlaf misst man eigentlich viel zu viel Bedeutung bei. Nervös und vielleicht das eine Red Bull zu viel intus hab ich die Ruhezeiten in den zwei Nächten vor dem Rennen einfach mal von insgesamt 16 Stunden auf 5 reduziert.

Somit stand ich nun am 10. August 2019 um 5:30 Uhr „durchtrainiert und ausgeschlafen“ quasi in Top-Zustand am Start. Ehrlich gesagt war ich jetzt schon reif für die Physio-Therapie im Ziel. Aber leider lagen noch ein paar Meter bis dahin. Pünktlich zum Startschuss sorgte dann Mutter Natur noch für ein bißchen Würze im Rennen. Hatte tagelang zuvor der glühende Ball am wolkenlosen Himmel das alpine Wetter bestimmt, brauchte unser Zentralgestirn nun offenbar eine Pause und machte Platz für Regen. Ehrlich jetzt?!? Die Laune war damit praktisch schon zum Start bereits nahe dem Gefrierpunkt. Die kommenden 6 Stunden sollte es gießen wie aus Kübeln. Bereits nach wenigen Kilometern fühlte ich mich wie ein Fisch im Wasser. Leider aber nicht sprichwörtlich, sondern Wortwörtlich. Mann, Mann………

Bei malerischem Blitz- und Donner-Getöse über mir ging es die ersten beiden Rampen mit je 10 Kilometern Steigung und je 900 Höhenmetern zu irgendwelchen Skiorten hinauf. Zumindest meine ich, dass es bergauf ging. Meinem Radnavi mit barometrischem Höhenmesser nach zu urteilen, fuhr ich nämlich angeblich 4% Gefälle bergab. Bergabfahren im Wiegetritt und kleinsten Gang……..Schon Krass die Schweiz, nicht nur andere Währung auch andere Physikgesetze haben die hier offenbar;)) Spätestens da hätte mich mal einer aus diesem Alptraum wecken sollen. Neben meiner Fitness war nun auch die Technik im Eimer :-(

Erwähnte ich, dass es außer dem Regen auch eigentlich nix zu sehen gab? Die Wolken hingen so tief, dass man praktisch pausenlos durch eine Nebelsuppe fuhr. Die Hinweise auf phantastische Aussichtpunkte am Wegesrand luden daher eher zum Schmunzeln oder heulen ein, je nachdem wie tief man mit seiner Laune schon gesunken war.

Eigentlich rasante Pass-Abfahrten im 70er Km/h-Bereich konnte ich getrost in die Tonne kloppen, wie man es neudeutsch so schön nennt. Ständig die Bremse voll am Anschlag fühlten sich die Talfahrten tempotechnisch eher wie ne lustige Bollerwagenfahrten an. Mehr als 30 Sachen waren nicht drin, ohne Kopf und Kragen oder gar sein Rennrad zu riskieren.

Durch die witterungsbedingte Rumeierei ging mächtig viel Zeit verloren. Die dritte Aufffahrt des Morgens führte hinauf zum mondänen und auch als Tour-de-France-Ziel bekannten Skiort Crans-Montana. In der potthäßlichen Betonwüste in Hanglage sollte nicht nur ein Drittel der Strecke und 2700 Höhenmeter absolviert sein, NEIN hier gab es auch das erste Zeitlimit einzuhalten. Die sickenasse, unter Dauerregen stehende Messstelle erreichte ich über eine Stunde später als eigentlich geplant, sodass ab da mir gefühlt ständig der Hauch des Besenwagens im Nacken lag.

Ohne großartige Pause ging es raus aus diesem Potpourri schweizer Bausünden direkt noch ein paar Hundert Meter höher zum gleichnamigen Col de Crans-Montana bevor es wieder hieß, im atemberaubenden Schneckentempo hinab ins Tal zu kriechen. Die nördliche Seite des Rhone-Tals war geschafft. Jetzt hieß es ab über den Fluss auf die südliche Tal-Seite zu wechseln. Glücklicherweise hatte das Wetter endlich Erbarmen mit den Radsportlern und es bahnte sich doch glatt ein aufreißender Himmel mit sowas wie Sonne an. Also Armlinge aus, Jacke aus und rauf auf den nächsten Berg, wenn er nun schon mal gerade da steht.

Die 10km Rampe mit 800 Höhenmeter hinauf nach Vercorin sollte mir nun endgültig zeigen wo die Reise hingeht oder eben nicht hingeht. Als ob das Wetter nicht schon genug Probleme gebracht hat, machten sich nun der Schlafmangel und mein Magen bemerkbar. Meine extra für das Rennen besorgte Profi-Flüssignahrung aus der Online-Apotheke stellte sich nach drei von 10 Flaschen zunehmend als ekelhaftes Gebräu heraus, welches sich hart an der Kotzgrenze bewegte und eher für Diäten geeignet gewesen wäre. Nach drei Flaschen trinkt man nämlich lieber gar nichts als noch eine Flasche mehr. Problematisch ist es nur, wenn man so ne „Diät“ mitten im Rennen beginnt. Der folgende Hungerast bremste meine ob des guten Wetters euphorische Auffahrt dann auch urplötzlich rapide aus. Bei der weiteren Auffahrt hätte ich problemlos einen Strauß Blumen am Wegesrand pflücken können. Zum einen weil man das bei 6 km/h Geschwindigkeit gut kann und zum anderen weil ich passenderweise vom einen Fahrbahnrand zum anderen taumelte. Das Zeitlimit in Vercorin erreichte ich im Zickzackkurs erst 55 Minuten vor der Cut-Off-Zeit. Sollte es kein Wundermittel am nächsten Radlerbuffet geben war hier schon klar, dass ich die kommenden Zeitschranken unmöglich einhalten konnte.

Was soll ich sagen. Das Wundermittel blieb aus. An der Verpflegungsstation gab’s nur Energieriegel in Panzerkeks-Format, welche nicht nur das Gebiss auf harte Proben stellten, sondern auch wie ne Tonne Blei im Magen die Auffahrten nicht gerade erleichterten. Drei kürzere 4km-Rampen und gefühlt 10 Hungeräste später erreichte ich platt wie ne Flunder und 5 Minuten vor dem Zeitlimit das Bergörtchen Heremence. Hier hatte ich zwar bereits Dreiviertel der Strecke und 5200 Höhenmeter hinter mir. Leider hatte ich aber auch alles andere hinter mir. Namentlich meine Fitness, meine sportlichen Ambitionen und nen Bullibus mit der Aufschrift „Fin de la Course“. Vom Besenwagen trennten mich damit praktisch nur noch 4 Radfahrer, die knapp hinter mir fuhren. Na Klasse!!!! Noch besser kam es, als alle hinter mir fahrenden das Radfahren plötzlich einstellten und die Fin-de-la-Course-Bulli-Karre plötzlich an MEINEM Hinterrad hing. Nach der freundlichen Frage des korpulenten Fahrers, ob ich nicht einsteigen wolle, hätte ich den Sumo-Ringer bzw. personifizierten Antisportler am liebsten aus seiner Karre gezerrt. Aber ich blieb Gentlemen und antwortete freundlich und nur ganz leicht sarkastisch, ob ich so aussehen würde als hätte ich seine Hilfe nötig?!? Demonstrativ entfernte ich dabei die Startnummer vom Lenker und steckte sie in meine Tasche.

Nachdem der Dicke sich mit seiner Werbekarre aus dem Staub gemacht hatte konnte ich endlich da weiter machen, wobei ich gestört wurde: die 19 Streckenkilometer und 1000 Höhenmeter zählende Auffahrt zum 2090 Meter hoch gelegenen Skiort Thyon 2000. Da ich jetzt außer Konkurrenz fuhr, radelte es sich plötzlich viel entspannter. Oben auf der Gipfelstation war man am Verpflegungspunkt auf alles Vorbereitet, nur nicht mehr auf mich;) Bereits in Abbruch- bzw. Aufbruchstimmung hatte man das Buffet offenbar auf das Wesentliche reduziert. Energiegels? Bananen? Überhaupt was essbares? Haben wir nicht mehr! Lächelten mich vier Schweizer mit glasigen Augen an…..Aber jede Menge ROTWEIN;)))) Klar, hätte ich mir bei deren Zustand denken können. Sei’s drum. Während sich die Vier herzlich darum kümmerte, meine Getränkeflaschen noch mit irgendwas sportlichem zu füllen, genehmigte ich mir einen Becher Vino Rosso.

Der letzte Anstieg war was für Rechenkünstler. Man nehme ein Schild mit der Aufschrift „20km bis zum Ziel“, welches irgendein Offizieller am Ort Thyon 2000 in den Boden gepflanzt hat. Davon subtrahiert man 10km garantierte Abfahrt von der zuvor genannten Gipfelstation ins Tal und noch einmal 5 Kilometer Abfahrt vom letzten Berg ins Ziel bei Verbier. Na? Wer jetzt mitgerechnet hat kommt in der Theorie nun auf nur noch 5 Kilometer Anstieg. In der Theorie. In der Realität musste man kein Fields-Preisträger (Mathematikgenie) sein, um am Fußes des letzten Anstieges mit vagem Blick in Richtung Gipfel abschätzen zu können, dass sich hier jemand mächtig verrechnet hatte. Ich hätte die Schnapsnasen in Thyon 2000 mal besser fragen sollen, wie lange die da schon den Rotwein ausschenken. Offensichtlich bereits lange vor der Streckenausschilderung. Die „5 km“ stellten sich als kräftezehrender 18 Kilometer langer Schweinehund heraus, der mir mit gut 1000 Höhenmeter noch einmal alles abverlangte. In fortgeschrittener Dämmerung erreichte ich fast auf allen Vieren die Passhöhe des Col de la Croix de Coer (2174 m).

Die Abfahrt zum Zielort nahm ich nur noch in Trance wahr. Aber der hellerleuchtete Skiort im Tal war ja nunmal nicht zu verfehlen. Überraschenderweise kam ich sogar noch fast pünktlich im Ziel an. Auch wenn ich aus der Wertung gefallen war und mir meine Urkunde höchstens selber malen kann, war die Zieleinfahrt nach 15:06 Stunden schon was Besonderes. Offenbar wird das absolute Schlusslicht, der Träger der roten Laterne statt des gelben Trikots genauso gefeiert wie der Sieger. Ich wurde von 4-5 Offiziellen umring, die es „crazy“ fanden, dass ich das Ding trotz teilweise bereits rückgebauter Beschilderung erfolgreich gefinished hatte!!! Man klatschte mit mir ab, ließ sich mit mir fotografieren und besorgte mir ne Wärmefolie. Und als Highlight kramte man sogar noch aus der Kiste eine Medaille für mich heraus, welche ich mir ihrer Meinung nach wohlweislich verdient hätte. Gut ein Drittel der Ultra-Fahrer hätten nämlich aufgegeben und das Ziel nicht erreicht.

Abschließend kann ich nur sagen, 225km und 7400 Höhenmeter sind schon eine verdammt geile Tour. Aber so nen Brocken werde ich nächstes Mal nur noch ausgeschlafen und mit vielleicht etwas besserem Wetter fahren. Mit einem 15er Schnitt kann man jedenfalls keinen Krieg gewinnen. Zumal ich nen Monat vorher noch das Testrennen mit 5400 Höhenmeter im 19,5er Schnitt geschafft hatte.

Bis dahin………Kette rechts und Bleib dran!!!!!!

Profil des „Le Tour de Stations Ultrafondo“

Unser Vereinsmitglied und Fahrradhändler (Racebike4u) Axel Gehlen ist dieses Wochenende Landesmeister im Einzelzeitfahren geworden. Wochen der Vorbereitung wurden belohnt. Eine tolle Leistung, Axel! Der ERC ist stolz einen so sportlichen wie erfolgreichen Kerl im Verein zu haben.
Nachfolgend Axels Bericht vom Rennverlauf und seinem großartigen Tag.

Die Zeichen bei der diesjährigen Landesmeisterschaft im Zeitfahren in Elsdorf standen auf Sturm!

Keine gute Voraussetzung um eine neue Bestzeit in den Asphalt zu brennen.

Aber von vorne. Nachdem ich mich den ganzen Winter und das Frühjahr auf die Landesmeisterschaft vorbereitet hatte, bin ich am Freitag schon mit dem Wohnmobil angereist um nochmal ein bis zwei Runden auf der Zeitfahrstrecke zu drehen. In der zweiten Runde hatte ich dann einen Platten. - Super! Das fängt ja schon gut an. Aber lieber in der Generalprobe als im Wettkampf.

Am Renntag hatte sich der starke Wind zu einem Sturm entwickelt. Einer der übelsten Sorte... Sehr böhig und dann mit dem Zeitfahrrad, das wird hart!
Nachdem abspulen meines Aufwärmprogramms auf der Rolle ging es um 12:36 Uhr zum Start!.

Es ging mit seitlichem Wind los, dann folgte ein langes Stück des Speedway mit Rückenwind. "Nur nicht überziehen!" dachte ich mir. Sonst kommt gleich nach der Wende die Quittung.

Ein Paar ERC`ler standen an der Strecke und feuerten mich an. Das war Mega geil!
Danke nochmals dafür.

So wie ich es mir gedacht habe, kam es dann auch: Ab dem Wendepunkt knallte der Wind brutal von vorne. Das letzte lange Bergaufstück konnte ich nur mit 30 fahren und hatte dennoch 350 Watt auf der Uhr.

"Das war es wohl" dachte ich mir. Oben angekommen hab ich mich nochmal zusammengerissen. Mein Körper und meine Beine schrien "Aufhören!", aber je mehr er schrie um so bekloppter wurde ich. Auf dem letzten Stück habe ich dann nochmals alles rausgehauen... und es hat gereicht!!!

Wisst ihr wie starkt der Wind war? Die Hinrunde hatte ich einen 45,7 km/h Schnitt, zurück 39,9 km/h bei 15 Watt mehr aufgebrachter Arbeit!

Nach einer Ausrollrunde standen dann Mirko und meine Frau am Womo und teilten mir die Platzierungen mit, die ich bis zu dem Zeitpunkt noch nicht kannte. Ich bin Landesmeister geworden!!!!!!

Dieser Zeitpunkt und natürlich die Siegerehrung, waren ein mega geiles Gefühl!

Alles richtig gemacht!

Danach kam eine Whatsapp von ERC Vereinskammraden nach der Anderen rein. Das hatte ich so nicht erwartet und auch noch nicht erlebt. Als Zeitfahrer wird man zum Einzelkämpfer, aber ich bin sehr stolz zu eurer Truppe zu gehören. Wenn mein Trainingsplan es zulässt, freue ich mich auch an der Einen oder Anderen Trainingsausfahrt teilzunehmen.

Jetzt beginnen nach kurzer Regeneration bereits die Vorbereitungen zur WM in St´Johann. Da kann ich mir nichts schöneres vorstellen als wieder mit dem ERC Trikot auf dem Treppchen stehen. :-) Schauen wir mal...

 

 

Fotos von unseren Mitgliedern Mirko Steckel, Martina Esser und Dieter Bertrams.

„Wäre, wäre Fahrradkette!!!“ Mit diesem hochgeistigen Zitat des Sprachakrobaten und Abo-Bräutigams „Loddar“ über verpasste Chancen und Ziele kann man treffend die zweite Hälfte meiner Rennradsaison 2018 beschreiben. Keine Ahnung in welchem Zusammenhang Fussballphilosoph Matthäus dies äußerte, aber für mich bedeutet es die (noch) Nichterfüllung eine Radsporttraums. Aber fangen wir von Vorne an:
High Rouleurs Society ist der „Club“ für Bergbekloppte, auf deren Ehrenliste hoffentlich irgendwann mal mein Name steht. Wer jetzt dabei direkt an Las Vegas denkt, dem sei gesagt: Das hat nix mit High Rollern aus Nevada zu tun, die sich mit den Hundertern die Zigarre anzünden und zum Frühstück schon ne Million verzockt haben. Nein! Hier geht’s schlicht um Höhenmeter. Um genau zu sein um sehr viele von denen. Um diesem Club beizutreten, braucht man nicht viel. Man sucht sich einfach ne buckelige Asphaltpiste in den Alpen oder sonst wo und fährt nonstop so lange bergauf, bergab, bergauf und bergab bis der Tacho qualmt und mindestens 10.000 Höhenmeter auf der Uhr stehen. Fertig! Also alles easy!
Nach dem erfolgreichen 8000-Höhenmeter-Kracher „Tour du Mont Blanc“ im vergangenen Jahr, fiel meine diesjährige Eventwahl auf das eidgenössische Alpenbrevet bei Andermatt. Die 265km lange Platin-Strecke wies zwar „nur“ was um die 7000 Vertikalmeter auf, aber wer sollte mich daran hindern nach der Zieleinfahrt einfach weiterzufahren? Pässe am Gotthardmassiv gibt’s jedenfalls bis zum Abwinken. So die Theorie.
Einmal angemeldet nahm das Drama jedoch seinen Lauf.

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Paris - Roubaix 2019

„Läppische 175km Strecke und keine 1000 Höhenmeter!!!! Klasse, ne ruhige Feldwegtour mit Steigung wie auf der Autobahn zwischen Amsterdam und Den Haag!“ So in etwa waren meine ersten Reaktionen und Einschätzungen zum Radsportklassiker PARIS - ROUBAIX als ich mich vergangenes Jahr zur Amateur Challenge dieses Radsportmonuments einschrieb. Im Nachhinein hätte ich mir vielleicht besser mal Gedanken gemacht, warum dieses prestigeträchtige Rennradrennen charmanterweise auch „Hölle des Nordens“ genannt wird. Wegen des sonnigen und heißen Wetters jedenfalls nicht, soviel sei vorab gesagt. Aber Radsportmonument ist Radsportmonument! Und da ich mir kühner Weise nun mal vorgenommen hatte, alle deren 5 so nach und nach zu meistern, galt es auch für mich als Bergziege, dieses Rennen im tellerflachen französischen Norden zu fahren.

Aber erst einmal zum Anfang: Am Freitag den 12. April ging es zusammen mit meinem Bruder Lars auf nach Roubaix. Da es das ein oder andere „Kopfsteinpflaster“ auf der Strecke geben sollte, gönnte ich meinem fragileren Karbongefährt eine Pause und gab meinem blauen Aluminium-Rennrad den Vorzug. Zum Zielort Roubaix ist eigentlich nicht viel zu sagen. Der Reiseführer für die City mit morbidem Industriecharme dürfte zumindest nicht sehr seitenstark sein;) Dafür dürfte das hiesige Polizeirevier an diesem Wochenende viele Seiten Anzeigen geschrieben haben. Beim Gang zur Startnummernausgabe an der berühmten Radsporthalle wateten wir quasi durch Glasscherben eingeschlagener PKW-Fensterscheiben. Der ein oder andere britische X5- oder A8-Besitzer dürfte sich bei seiner Rückkehr zum Fahrzeug gefreut haben über eine Rückreise nach Hause ohne Heck- oder Seitenscheibe. Wie durch ein Wunder wurde unser verbeulter und vor Dreck stehender Luxus-Dacia nicht angerührt;)
Die Nacht zum Samstag gestaltete sich kurz aber interessant. Die vergilbten, miefenden Wände des Fomule-1-Raucher-Hotelzimmers konnten uns Nichtrauchern Geschichten erzählen. Zudem durfte ich mich in meinen Träumen auf angekündigte, sonnige Minus 1 Grad Celsius am Startort freuen.
Um 05:00 Uhr startete der unerwartet komplikationslose und professionelle Bus- und LKW-Transfer von Roubaix zum 100km entfernten Startort Busigny. Ein großes Lob für diese erstklassige logistische Leistung kann ich mir hier nicht verkneifen.
Um 07:30 Uhr war Schluss mit Lustig und ich tauschte den komfortablen, warmen Bussessel gegen ein schweinekalten Fahrradsattel. Die Veranstalter hatten sich bei der Challenge für Amateure auf das Wesentliche konzentriert und die 80km geteerte Anfahrt vom Profistartort Compiègne zum ersten Pavé (Kopfsteinpflasterpassage) einfach mal weggelassen. Das verkürzt die zu fahrende Strecke zwar auf nur 175 statt 255km, jedoch wurde keines der insgesamt 29 zu fahrenden Pavés dabei ausgelassen. Im Gegenteil, ohne richtig eingefahren zu sein startete der erste dieser zwischen ein bis knapp vier Kilometer langen Abschnitte schon nach wenigen Kilometern. Nach Bravo!

Schon das erste Pavé brachte jeden Bestzeitträumer brachial zurück auf den Boden der Tatsachen. Ruhige Feldwegrunde im Ü30er Schnitt? Das ich nicht lache! Kopfsteinpflaster??? Eine lächerliche Untertreibung! Jeder der schon ein wenig in Flandern unterwegs war und meint Erfahrung damit zu habe, kann seine vermeintliche „Erfahrung“ mit dem Belag mal getrost auf den Müll kippen. Das gleiche haben hier offensichtlich auch die Straßenbauer getan: ihren Müll vom Straßenbau einfach in die Felder gekippt. Den hingeworfenen und dann grob sortierten Haufen Steine hier konnte man als alles bezeichnen, nur nicht als ordentliches Kopfsteinpflaster. :-( Mein Rennrad und ich wurden durchgeschüttelt als wäre ich mit nem Hardtail downhill irgendwo in den Alpen unterwegs. Schon nach Pave´ Nr. 4 schmerzten mir Fingergelenke, Hände, Unterarme, Nacken, Kopf quasi alles oberhalb der Gürtellinie, als wäre ich mit dem Truck kollidiert. Ich wußte vorab gar nicht, was einem am Körper so alles weh tun kann. Auch ne Erfahrung;) Manche Rennradfahrer wichen teilweise auf die Linderung versprechenden schmalen Dreck- und Schotterstreifen rechts und links am Wegesrand aus. Streifen auf die nie ein Rennradfahrer sein Gefährt eigentlich hinsteuern würde. Aber “In der Not…..Bla Bla Bla“ heißt es in einem Sprichwort ja so schön;) Da die Dinger aber offensichtlich mit zahlreichen spitzen Steinen bestens ausgestattet waren, fielen die Weicheier reihenweise Pannen zum Opfer. Was also Tun? Genau, schön drauf bleiben auf den mittelalterlichen Autobahnen. Da ist zwar der Bandscheibenvorfall vorprogrammiert, aber zumindest bleibt das Rad ganz.

Zwischendrin stellte man sich echt die Frage, welch finsteren Albtraum der Erfinder des Radrennens 1896 gehabt haben muss, um fragile Rennräder über solche Strecken zu schicken. Und was für Idioten wir Starter sein müssen, sich wie kleine Lemminge auch noch freiwillig auf ein solches Rennen zu stürzen. Die beginnende Sinnkrise nicht genug, wurden wir quasi vom Veranstalter auch noch verarscht. Schilder wie „One Kilometer can be very long!“, „Smile, it’s just cycling!“ oder „Stone after Stone“ statt „Step after Step“ trugen bei mir zumindest nicht zur Erheiterung sondern eher zum spontanen Kammschwellen bei. Zum Glück und auch wohlweislich lies sich keiner von den Organisatoren am Ende irgendeines Pavés sehen. Das wäre ihm sicher nicht gut bekommen.
Die zum Ziel abwärts nummerierten 29 Pavés auf der Strecke wurden in Kategorien mit bis zu 5 Sternen nach ihrer Schwierigkeit und Länge bewertet. Während ** und ***-Sterne-Strecken noch ansatzweise wie befahrbare Wege oder zumindest etwas ähnlichem wie das aussahen, lösten die 4er und 5er-Strecken nur noch Kopfschütteln oder Kotzreize aus, je nachdem wir weit man mit seiner Gehirnerschütterung schon war. Von den 5-Sterne-Trümmerfeldern gab es ganze drei Stück bis Roubaix. Der bekannteste Abschnitt Pavé Nr. 19 hat den unscheinbaren wie harmlosen Namen „Arenberger Wald“. Um ehrlich zu sein, von dem Wald habe ich bei der Fahrt nichts mitbekommen. Eine unvorstellbar grauenvolle Piste lies mich nur Hoffen und Bangen, dass mein Fahrrad nicht unter mir zerbricht oder ich nicht mit Schütteltrauma im nächsten Hospital lande. 2,4 Kilometer Wahnsinn, dem man sich nicht entziehen konnte. Die sadistischen Organisatoren schmückten die Strecke nämlich rechts mit Gattern und link der Grünstreifen wurde von vermutlich gerade mal wieder streikenden Landwirten einfach umgepflügt. Man hat ja sonst nichts zu tun.

 

Der ganze 5-Sterne-Irrsinn wiederholte sich bei Pavé Nr. 11 (Mons-en- Pévèle / 3km Länge) und Nr. 4 (Carrefour de l’Arbre/ 2,1km Länge) noch ganze zweimal. Zwischendurch war die Strecke noch mit mehreren Abschnitten der Kategorie 3 und 4 garniert. Es wurde jedenfalls nicht langweilig. Dafür sorgten alleine die „rücksichtsvollen“ Mountainbiker, die mit ihren vollgefederten Sofasesseln auf Rädern die leidende Rennradschar mal rechts mal links mit Vollgas überholten, ausbremsten oder schnitten. Einfach „nette“ Gesellen, die irgendwie den Sinn des RENNRADrennens nicht verstanden hatten.

Nach der ganzen Lästerei sollte man aber auch mit Lob nicht geizen. Das Rennen ist bestens organisiert. Man mag ja über die Schaffenskraft französischer Architekten und Planer geteilter Meinung sein. Da werden ja schon mal Schlösser ohne Toilette (Versailles) oder Schlachten ohne Plan (Waterloo) gebaut bzw. geschlagen. Aber DAS Event hier hat von vorne bis hinten Hand und Fuß. Die Strecke gut ausgeschildert, die Pavés mit allen Infos beschildert, verpflegungstechnisch Haute Cuisine, 1a Fotoservice und die bereits schon erwähnte reibungslose Logistik. Tres bien!!! Zudem wurde für das eigentlich bedeutungslose Amateurrennen mal eben der Verkehr einer ganzen Region (Departement) lahmgelegt. Rote Ampeln, Stopps an stark befahrenen Kreuzungen und sonstige lästige Verkehrsregeln konnten wir mal getrost in Deutschland lassen. Hier wurde für jedes noch so seelenruhig dahinradelnde Rennrad mit Polizei und freiwilligen Helfern eine ganze Bundesstraße einfach mal dicht gemacht, wenn diese zufällig im Weg stand. „Vive La France!!!!“ kann ich da nur sagen.

Wie dem auch sei, nach 7:30 Stunden Nettofahrtzeit über 55 Kilometer Kopfsteinpflaster und 120km Asphalt zwischendurch erreichte ich auf allen Vieren das berühmte Velodrom in Roubaix, in dem noch eine halbe Runde bis zum Zielstrich zu fahren war. Mein viertes Monument nach Flandern-Rundfahrt, Lüttich-Bastogne-Lüttich und Mailand-Sanremo ist gemeistert. Nummer 5 wird wohl noch ne Weile dauern. Dafür müssen die Lombarden erst mal auf die Idee kommen, auch für ihre Rundfahrt im Oktober ein Langstreckenevent für Amateure anzubieten. Für ne 110er RTF, wie aktuell, fahre ich jedenfalls nicht nach Mailand. Aber die Itaker sind ja in allem immer ein bißchen langsamer als der Rest der Welt. Als mein Résumé für die Hölle des Nordens möchte ich mich gerne eines nur leicht abgewandelten Zitats des Radsportler Theo de Rooij aus den 90ern bedienen: „Paris Roubaix ist ein Haufen Scheiße! Es ist eines der wundervollsten Rennen der Welt!“ Allem Streckenhorror zum Trotze ist es einfach ein tolles Rennen, welches ich jederzeit wieder fahren würde. Zumindest im Trockenen. Bei Nässe würden mich keine 10 Pferde auf die Pisten bekommen;) Bis dahin……..Bleib dran!!!

 

Dirk Gütte Erkelenz, den 20.04.2019

 

Zum 25 jährigen Bestehen des Erkelenzer Radsport Club durfte es gerne etwas mehr sein. Mehr Radfahren und mehr geselliges Vereinsleben als in den vergangenen Jahren, daher beschlossen wir bereits im Vorfeld auf unserer Jahreshauptversammlung eine ausgiebige, dreitägige Tour in unser hügeliges Naherholungsgebiet: die Eifel. Konkret Monschau.

(Die Fotos sind nur für angemeldete Mitglieder sichtbar. Solltest Du kein Foto sehen, meldet dich bitte zunächst an. Zur Anmeldung -> Login)

Da im Vorfeld klare war, dass wohl nicht jeder Teilnehmer für die ganzen 3 Tage Zeit aufbringen kann, gab es eine frühe Anreise am Freitag und eine Anreise für Samstag. Ich war bereits Freitag dabei und habe mir volle drei Tage gegönnt.

Wie bereits aus den Vorjahren bekannt, starteten wir an unserem Trainingstreffpunkt, wo auch unser Gepäck von Heinrich und Nadja entgegen genommen wurde. Allerdings nicht um 9 Uhr, sondern erst um 11:45 Uhr, da sich noch ein kleiner Regenfilm über Erkelenz ergießen sollte. Der Regenschauer war auch fast pünktlich weg, lediglich die Straße war noch "leicht benetzt" und somit ging es dann im feuchten auf die 110km Anreise. Gestartet sind wir in drei verschiedenen Geschwindigkeits-Gruppen. Schnell, schneller und am schnellsten. Nein, so war es nicht. Es gab ein schnelle Gruppe und zwei weitere Gruppen die bereits die Aneise mit Panorama genossen haben.

Jedoch steckte dieses Jahr etwas der Wurm drin. In unserer schnellen Gruppe hatten wie drei Platte und einen Sturz. Alles ohne nennenswerte Verluste. In der Gruppe nach uns ist ein Sturz leider nicht so glimpflich ausgegangen und eine Fahrerin musste die Radanreise abbrechen, konnte aber dank guter Organisation mit dem Auto weiter bis zum Hotel gebracht werden. Soweit ich mitbekommen habe, gab es in jeder Gruppe einige undichte Schläuche, aber nichts gravierenderes.

Angekommen in Monschau, wurd erstmal Kaffee und Kaltgetränke getrunken bis es im Anschluss am Abend ein Buffet gab. Für ganz mutige und energiegeladene Sportler gab es am späten Abend noch Musik und das eine oder andere Getränk in Vorfreude auf Bernds geplante Touren am Samstag. Von diesen Touren gab es vier an der Zahl, aus denen wir wählen durften. 210km mit 2700hm für hoch-ambitionierte Sportler, 160km mit 1700hm für den ambitionierten Sportler, 120km mit 1000hm und 95km 700hm für den zurückhaltenden Sportler. Das Zeitfenster für die Touren lag zwischen, Morgens nach dem Frühstück und Abends vor dem Buffet.

Während ich am Freitag noch zuversichtlich die längste der Touren fahren wollte, habe ich am Samstag Morgen dann doch noch kalte Füße bekommen und mich in die zügige 160km-Truppe eingereiht. Die 210km war nach Stand Freitag nur mit unseren Top-Athleten besetzt und da muss man in der Regel schon Höchstform haben um nicht in einer Tour Leid und Elend am Stück auf dem Rad zu durchleben. Also ging es auf die Strecke. Meine Anwesenheit wurde anfangs noch von etwas Misstrauen und Angst, ich würde durch zuviel Tempodruck Unruhe in die Gruppe bringen begleitet, die Kritik legte sich aber recht schnell. Das befürchtete Motorradaufkommen in der Eifel hielt sich dank einer super Routenwahl von unserem Präsidenten Bernd sehr in Grenzen und man konnte überwiegend die Landschaft und Natur genießen ohne dauernd Rücksicht auf dem Verkehr nehmen zu müssen. Die Tour war schließlich auch das absolute Highlight der Vereinsfahrt.

Wieder am Hotel eingekehrt, gab es eigentlich keine Probleme zu berichten und die schönsten Streckenabschnitte wurde nochmal im Gespräch mit den Teilnehmern anderer Grüppchen bei Getränken revue passiert. ...und ohne das man es merkte raste der Abend dahin. Trotz der recht üppigen Preise für die Getränke wurde noch bis spät am Abend beisammen gesessen und dieses und jenes Besprochen, das sonst keine Zeit findet.

Der Abreisetag begann mit einem Frühstück und der Startschuss für die Rückfahrt war der Auslöser dieses schönen Gruppenfotos vom Anfang des Berichts.

Wir fuhren wieder in verschiedenen Tempogruppen g'en Erkelenz. Diesmal sortierte ich mich aber unter die Race-Gruppe. Schließlich hatten wir auf der Hinfahrt gute 600hm angespart, die es jetzt wieder abzurollen gab. Somit waren wir dann leicht geschwitzt und recht schnell nach rund 2 Stunden 20 Minuten die knapp 90km wieder "zurückgerollt". Naja, wir haben schon mitgetreten. Auch bergab.

Tolles Wochenende!

Vielen Dank an alle die dazu beigetragen haben, danke auch an Reinhard für die tollen Fotos.

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